Neue Bielefelder Praxis: Vater und Sohn ebnen Wege zum Wunschkind
Am Stadtholz startet mit „Kleine Wunder“ eine neue Praxis für Reproduktionsmedizin. Zwei Ärzte und ihr Team wollen ungewollt Kinderlosen helfen. Manchmal aber klappt es nicht.
Von Heike Krüger
02.12.2025 | 02.12.2025, 19:03
Bielefeld. Vater und Sohn eint neben der medizinischen Fachrichtung Gynäkologie und Geburtsmedizin noch etwas Wesentliches – beide hatten sich einstmals für den Beruf des Psychologen interessiert. Zwar wurde daraus nichts, doch das Interesse am Seelenleben findet dennoch Niederschlag im gemeinsamen Beruf.
Die Ärzte Paul (70) und Christopher (35) Ebert haben sich auf Kinderwunschbehandlungen spezialisiert. Ein sensibler Bereich der Medizin, in dem Einfühlungsvermögen und psychologisches Gespür fast genauso wichtig sind wie die fachliche Qualifikation. Gerade starten Vater und Sohn eine neue Kinderwunsch-Praxis mit insgesamt neun Mitarbeitern am Stadtholz 39. Sie trägt den vielsagenden Titel „Kleine Wunder“. „Wenn man selbst Kinder hat, versteht man besonders gut, welches Geschenk Kinder sind und wie schmerzhaft ein unerfüllter Kinderwunsch sein kann“, sagt Christopher Ebert, Vater von zwei kleinen Kindern.
Die neue Praxis ist die dritte ihrer Art in Bielefeld. Bedeutet das nicht eine starke Konkurrenz? „Wir haben ein sehr großes Einzugsgebiet für Bielefeld“, erklärt der erfahrene Gynäkologe Paul Ebert, der viele Jahre eine Großpraxis an der Wertherstraße führte, warum sich hier die Sorgen in Grenzen halten. Von weither kämen Patientinnen, zudem wachse die Zahl der ungewollt Kinderlosen Jahr für Jahr.
Verschiedene Faktoren machen Schwangerschaft unwahrscheinlich
Einige der Gründe: Junge Leute entscheiden sich immer später für Kinder. Oft reduziert schon das die Wahrscheinlichkeit einer spontanen Schwangerschaft. Lebensstilfaktoren spielten auch eine Rolle, etwa Rauchen oder starkes Übergewicht. Und noch ein Phänomen liegt ausbleibenden Schwangerschaften zugrunde, so Christopher Ebert: „Man geht davon aus, dass jede zweite Frau, die eine Kinderwunschbehandlung anstrebt, an Endometriose leidet.“
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Diese chronische Erkrankung geht mit Unterleibsschmerzen und einem ungebremsten Schleimhautwachstum außerhalb der Gebärmutter einher. Sie kann verhindern, dass sich ein befruchtetes Ei einnistet und neues Leben entsteht. „Vor allem die Frauen haben einen hohen Leidensdruck“, schildert Christopher Ebert.
Aber auch die Männer seien belastet, manche litten etwa zusätzlich an einer schlechten Spermienqualität. Dann kommen aufwendigere Verfahren wie etwa ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion) zum Einsatz. „Selbst bei sehr ungünstigen Bedingungen helfen zu können und nach langwieriger Behandlung zum Kind zu verhelfen, ist immer wieder berührend“, so Ebert Junior. Sein Vater ergänzt: „Die Freude über einen guten Verlauf nutzt sich auch nach vielen Jahren nicht ab.“ Manchmal entstünden vertrauensvolle persönliche Beziehungen zu Patienten, manchmal über die Geburt des Kindes hinaus.
Neuauflage der Vater-Sohn-Kooperation in Bielefeld
Nicht schwanger werden zu können, sei immer noch – trotz großer Thematisierung auf Social Media – erstaunlich schambesetzt. Hier im Sinne einer „sprechenden Medizin“ Ängste zu nehmen, Mut zu machen und zum Durchhalten zu ermuntern, sei eine wichtige ärztliche Aufgabe.
Paul Ebert steht dem Sohn vor allem in der Anfangsphase der Praxis mit Rat und Tat zur Seite. Sie seien ein eingespieltes Team: „Die Kombination ist ein absoluter Glücksfall“, betont der Sohn. Von 2009 bis 2015 hatte dieser an der Medizinischen Hochschule Hannover studiert, war danach im Krankenhaus tätig, wechselte dann in eine Praxis in Arnsberg. Zwei Jahre lang konnte er anschließend an der Seite seines Vaters in der Wertherstraße arbeiten, bis sich Paul Ebert daraus zurückzog. Nun gibt’s eine Neuauflage der Vater-Sohn-Kooperation.
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Im Seidensticker-Gebäude ließ sich Christopher Ebert seit Februar auf rund 530 Quadratmetern eine helle, moderne Praxis bauen. Sie beeindruckt mit behutsam eingesetzter, klarer Raumgestaltung, gemütlichen Nischen unter Einbeziehung der Industriearchitektur mit ihren Bogendecken, hohen Wänden und Fenstern.